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Betroffeneninitiative Süddeutschland

Neuer Verein kämpft für Missbrauchsopfer der katholischen Kirche

Frank Zimmermann
  • Do, 13. Januar 2022, 10:10 Uhr
    Südwest

     

Von Betroffenen gegründet: Opfer sexuellen Missbrauchs der katholischen Kirche können sich nun an einen eingetragenen Verein wenden – die "Betroffeneninitiative Süddeutschland".

Missbrauchsopfer wollen nicht nochmal Leid in der Kirche erfahren.  | Foto: Felix Kästle
Missbrauchsopfer wollen nicht nochmal Leid in der Kirche erfahren. Foto: Felix Kästle
Der "Betroffeneninitiative Süddeutschland" gehören zehn Gründungsmitglieder an. Der Verein bietet seine Hilfe allen Betroffenen aus den Diözesen Freiburg, Würzburg, München-Freising, Regensburg und Rottenburg-Stuttgart an.

Verein will Missbrauchsopfer nach außen vertreten

Bisherige Erfahrungen hätten gezeigt, dass Opfer, die sich zur Anerkennung erlittenen Leids an die Kirche wendeten, eine Retraumatisierung durchlebten. "Von Traumasensibilisierung kann in allen Fällen keine Rede sein", sagte einer von drei Vorständen, eine aus Freiburg stammende Journalistin, die aus Angst vor Stigmatisierung namentlich nicht genannt werden will, am Mittwochabend in einem Pressegespräch. Sie kenne etliche Betroffene, die gar keinen Antrag für die Anerkennung ihres erlittenen Leids stellen wollten, auch wenn es um 50.000 Euro gehe. Die Hürden seien zu hoch, das fange schon beim Erstgespräch mit einer wenig einfühlsamen Juristin an.

"Es braucht endlich eine kirchenunabhängige Institution für Betroffene" Gründungsmitglied Agnes Wich
"Es braucht endlich eine kirchenunabhängige Institution für Betroffene", wie die Kirche dies bei Bekanntgabe der Missbrauchsstudie im Herbst 2018 angekündigt, aber noch immer nicht realisiert habe, so Gründungsmitglied Agnes Wich aus München. In Konkurrenz zu bereits bestehenden Angeboten wie dem Verein Eckiger Tisch, der vor allem Opfer von Orden und Internaten betreue, sieht sich die Betroffeneninitiative nicht. Sie will Interessenvertretung der Missbrauchsopfer nach außen sein, denn Ausgrenzung von Gemeindemitgliedern, Vertuschung, Leugnung und Retraumatisierung seien weiter an der Tagesordnung.

Der neue Verein setzt auf Spenden, ebenso auf die finanzielle Unterstützung durch die katholische Kirche. Deshalb fühle sich der Verein in seiner Unabhängigkeit aber nicht eingeschränkt. Eine Mitgliedschaft – jährlich 5 Euro – ist keine Voraussetzung, um sich Rat und Hilfe bei der Betroffeneninitiative zu holen.

Frustration unter Missbrauchsopfern nehme zu

Wich beschrieb die Situation für Betroffene als "sehr schwierig", in München seien viele "abgetaucht". Sie selbst habe sich anfangs im Betroffenenbeirat des Bistums München-Freising engagiert – als einzige Frau. Sie habe ihr Amt als Beirätin nach enttäuschenden und "zum Teil sehr schmerzvollen Erfahrungen" aber wieder niedergelegt. Auch Vereinsvorstand Bernhard Rasche trat in Würzburg aus dem Betroffenenbeirat enttäuscht wieder aus. Seiner Meinung nach wächst die Zahl der frustrierten Missbrauchsopfer. "Wir haben es offenbar nicht geschafft, uns zu verbünden und zu vereinen." Es gebe Betroffene, die den eigenen Bischof über den grünen Klee lobten, und andere, die von ihm im übertragenen Sinne "in den Magen getreten worden" seien.

Den Unterschied zu den die Bistümer beratenden Betroffenenbeiräten machte der Freiburger Vereinsvorstand deutlich: "Es ist wichtig, dass wir unabhängig arbeiten. Einen Remissionierungsgedanken lehnen wir ab." Wich sieht viele Betroffenenbeiräte in einer Art "Feigenblattfunktion" für die Institution Kirche – ohne Mitbestimmungsrechte. Kritisiert wird an den Beiräten, dass ihnen die Struktur vorgegeben werde und die Betroffenen ihre Vertreter für den Beirat nicht selbst auswählen könnten, sondern sich beim Bistum bewerben müssen.

Ressort: Südwest

Dossier: Missbrauchsbericht Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 13. Januar 2022: PDF-Version herunterladen

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